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Andrologie
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Publiziert am: 04.01.2022

Immunologisch bedingte Infertilität

Verfasst von: Andreas Meinhardt, Hans-Christian Schuppe und Hermann M. Behre
Neben anderen immun-pathologischen Prozessen im männlichen Genitaltrakt können Antispermienantikörper (ASA) zu einer immunologisch bedingten Infertilität führen. Hierbei hängt die spontane Konzeptionswahrscheinlichkeit vom Anteil der mit ASA behafteten Spermien ab. Zu den wesentlichen Pathomechanismen einer ASA-bedingten Infertilität wird die Beeinträchtigung der Fähigkeit von Spermien zur Penetration im Zervikalmukus, die Beeinträchtigung der Kapazitation und der Akrosomreaktion der Spermien sowie die Beeinträchtigung der Spermienbindung an die Zona pellucida der Eizelle gezählt. Der Nachweis der an Spermien gebundenen IgG- oder IgA-Autoantikörper erfolgt nach den Empfehlungen der WHO im Rahmen der Ejakulatanalyse im direkten MAR- oder Immunobead-Test. Da eine Kortikoid-Therapie nur einen fraglichen Therapieerfolg zeigt, können zur Überwindung der mit ASA einhergehenden männlichen Infertilität Methoden der assistierten Reproduktion angewandt werden.

Definition

Fertilitätsstörungen infolge der Bildung von Antispermienantikörpern (ASA) werden in der Klinik als immunologisch bedingte Infertilität bezeichnet. ASA sind im Serum, frei im Seminalplasma und direkt an Spermien gebunden nachweisbar; im Ejakulat finden sich praktisch ausschließlich IgG- und IgA-Antikörper.
Neben Antispermienantikörpern (ASA) können auch andere immun-pathologische Prozesse im männlichen Genitaltrakt zu einer Infertilität führen, insbesondere Infektionen sowie nicht-infektiöse oder autoimmune Entzündungen der Hoden und/oder Nebenhoden. Entsprechend ist der Begriff „immunologisch bedingte Infertilität“ nach heutigem Verständnis weiter zu fassen (Fijak et al. 2018) (s. Kap. „Orchitis“ und Kap. „Erkrankungen der ableitenden Samenwege und akzessorischen Geschlechtsdrüsen“).

Epidemiologie

Die Angaben zur Häufigkeit von ASA variieren erheblich in Abhängigkeit von der Auswahl der untersuchten Männer, der eingesetzten Nachweismethode und der Festlegung von Grenzwerten für positive Resultate (Francavilla und Barbonetti 2017). Die Mehrzahl der Studien bezieht sich auf membrangebundene ASA vom IgG-Typ im MAR-Test (s. u.) mit Nachweisraten zwischen ca. 1 % und 15 %. Bei Patienten, die wegen einer Paarinfertilität untersucht wurden, zeigte sich eine ASA-Prävalenz auf der Basis von ≥50 % positiven Spermien im MAR-Test von 3,4 % bis 6,6 %, während bei fertilen Männern die Häufigkeit bei ca. 1 % liegt (Barbonetti et al. 2019; Lotti et al. 2018). Nach einer Vasektomie weisen über 50 % der Betroffenen ASA auf (Adams und Wald 2009)

Ätiologie und Pathogenese

Meiotische und postmeiotische männliche Keimzellen exprimieren ab der Pubertät Oberflächenantigene, die weder auf somatischen Zellen noch auf prämeiotischen Keimzellen vorkommen. Bei Kontakt mit immunkompetenten Zellen werden diese Antigene als „körperfremd“ erkannt, so dass es zur Entwicklung einer Autoimmunreaktion kommen kann.
Normalerweise wird dies durch multiple, komplementäre Mechanismen verhindert, die zusammen das testikuläre Immunprivileg ausmachen. Darunter versteht man eine ausgeprägte Toleranz auf lokaler Ebene gegenüber Neoantigenen. Hierbei ist es gleich, ob diese auf meiotischen und postmeiotischen Keimzellen vorkommen oder experimentell (bei Nagern) über Xeno- bzw. Allotransplantate in den Hoden eingebracht werden (Fijak et al. 2018). Wichtige Mechanismen bei der Aufrechterhaltung des Immunprivilegs stellen dar:
  • die Blut-Hoden-Schranke (s. Kap. „Physiologie der Hodenfinktion“) wird innerhalb der Hodentubuli aus spezialisierten Zelljunktionen zwischen benachbarten Sertoli-Zellen gebildet. Als dynamische Barriere verhindert sie so einen direkten Kontakt zwischen den interstitiell lokalisierten Immunzellen und der Mehrheit der meiotischen sowie sämtlichen postmeiotischen Keimzellen. Interessanterweise weisen neuere Untersuchungen darauf hin, dass – zumindest beim Nager – bestimmte Keimzell-spezifische Neoantigene die Blut-Hoden-Schranke umgehen können. Dies geschieht durch lumennahe Phagozytose der Residualkörper elongierter Spermatiden durch Sertoli-Zellen mit anschließender Transzytose der „Fracht“ durch die Zelle und Ausschleusung am basalen Pol. Hierdurch werden besonders peritubulär liegende Makrophagen permanent spezifischen Neoantigenen ausgesetzt, was eine essenzielle Voraussetzung zur Entwicklung systemischer Toleranz darstellt (Tung et al. 2017). Diese ist wichtig, um autoimmune Reaktionen zu vermeiden, die sonst im Nebenhoden oder den ableiten Samenwegen auftreten würden, da diese Organe nicht zu den immunprivilegierten Organen zählen.
  • die Synthese von immunregulatorischen und immunsupprimierenden Faktoren (z. B. Galectin-1, Activin, IL-10) durch die somatischen Zellen des Hodens (Sertoli-, Leydig-, Peritubulär-Zellen, testikuläre Makrophagen), deren kombinierte Wirkung überschießende Immunreaktionen bzw. die Entstehung steriler Entzündungen eindämmen (Fijak et al. 2018; Gao et al. 2016; Kaur et al. 2014; Mayer et al. 2016; Wijayarathna und de Kretser 2016).
  • ein anti-inflammatorischer Phänotyp der testikulären Makrophagen und tolerogene Eigenschaften bei den dendritischen Zellen (Wang und Duan 2016).
Trotz dieser immunologischen Schutzmechanismen kommen ASA bei vielen Männern als „natürliche“, d. h. physiologische Erscheinungen ohne pathologische Beeinträchtigung vor (Vazquez-Levin et al. 2014). Die andere Form sind „pathologische“ Autoantikörper, die so bezeichnet werden, da sie zu einer Störung der Fertilität führen können, indem sie die Motilität der Spermien sowie ihre Fähigkeit zur Penetration im Zervikalmukus behindern (Barbonetti et al. 2019). Weiterhin können ASA mit der Akrosomreaktion und mit der Spermienbindung an die Zona pellucida der Eizelle interferieren (Shibahara et al. 2020). Hierbei ist zu betonen, dass ASA selten eine Spezifität zu Spermien-Epitopen aufweisen, sondern zumeist gegen ubiquitär vorkommende Proteine (z. B. Chaperone) gerichtet sind (Kurpisz et al. 2017). Die Einordnung ASA-assoziierter männlicher Fertilitätsstörungen im Sinne einer eigenständigen Autoimmunkrankheit ist nicht etabliert (Bohring und Krause 2003; Fijak et al. 2018). Weder „natürliche“ noch „pathologische“ ASA führen zu Autoimmunpathologien in anderen Organen. Allerdings wurde über eine Kreuzreaktivität Erreger-spezifischer Antikörper mit Spermienantigenen als Ursache einer Assoziation zwischen Infektionen und männlicher Infertilität berichtet, z. B. für Helicobacter pylori (Moretti et al. 2015). Auch im Zusammenhang mit dem Nachweis humaner Papillomviren (HPV) im Ejakulat wurde eine erhöhte ASA-Prävalenz berichtet (Garolla et al. 2013). In einer australischen Studie konnte in Biopsien infertiler Männer Chlamydia trachomatis-spezifische DNA und Membranproteine in 16 % (frisch) bis 45 % (fixiert) der Proben gefunden werden. Bei einigen Patienten korrelierten die Befunde mit dem Vorkommen Chlamydia-spezifischer Antikörper im Serum, wobei eine Kreuzreaktivität dieser Kohorten mit Spermienantigenen für Chlamydia bisher noch nicht berichtet wurde (Bryan et al. 2019)
Die genaue Entstehungsweise von ASA ist ungeklärt. Eine epididymale Beteiligung bei der Bildung von ASA ist aufgrund der engen Assoziation mit Obstruktionen des männlichen Reproduktionstraktes am wahrscheinlichsten (Fijak et al. 2018; Lotti et al. 2018). Mögliche Mechanismen sind ein erhöhter intraduktaler Druck und die chronische Phagozytose von Spermatozoen, wodurch eine Autoimmunreaktion gegenüber Antigenen ausgelöst werden kann, die normalerweise toleriert werden bzw. nur schwach immunogen sind. Mausexperimente legen eine Rolle von CD4+CD25+ regulatorischen T-Zellen nahe, deren normale Funktion in der Verhinderung autoimmunologischer Prozesse inhibiert sein könnte (Rival et al. 2013).
Obwohl ASA auch bei ansonsten fertilen und gesunden Männern als „natürliche“ Autoantikörper gefunden werden, ist eine klinisch-pathologische Assoziation vor allem mit Obstruktionen des männlichen Reproduktionstrakts belegt (Marconi et al. 2009). Bei vasektomierten Männern besteht eine hohe und mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Vasektomie ansteigende Rate positiver ASA-Befunde im Serum, die fünf Monate nach dem Eingriff 60–70 % beträgt (Adams und Wald 2009). Ein erhöhtes Risiko für die Induktion von ASA wurde auch bei Patienten mit Varikozelen beschrieben (Bozhedomov et al. 2014). Ein pathophysiologisch naheliegender Zusammenhang zwischen Infektionen und Entzündungsprozessen im Genitaltrakt (s. Kap. „Orchitis“ und Kap. „Erkrankungen der ableitenden Samenwege und akzessorischen Geschlechtsdrüsen“) und der Bildung von ASA wird kontrovers diskutiert (Francavilla und Barbonetti 2017; Marconi et al. 2009). In einer neueren Studie war der Nachweis von IgG-ASA im MAR-Test mit klinisch-sonographischen Zeichen einer chronischen Epididymitis sowie einer positiven Epididymitis-Anamnese assoziiert (Lotti et al. 2018). In der großen Mehrheit der Fälle bleibt die Ursache für das Auftreten von ASA unklar.

Klinik

Das klinische Korrelat für das Vorliegen von ASA ist eine ansonsten unerklärte Infertilität, bei der eine Normozoospermie oder isolierte Astheno(terato)zoospermie beobachtet werden kann. Die spontane Konzeptionswahrscheinlichkeit ist vom Anteil der mit ASA behafteten Spermien abhängig (Abshagen et al. 1998 [s. Abb. 1]). Bei Paaren mit einem zu 100 % positiven MAR-Test des Mannes war die Rate der Lebendgeburten nach spontaner Konzeption signifikant gegenüber denjenigen mit einem zu 50–99 % positiven MAR-Test reduziert (Barbonetti et al. 2020).
Während die funktionelle Relevanz von ASA für die Fertilität in früheren Übersichten als nicht gesichert angesehen wurde (Mazumdar und Levine 1998), belegen neuere Studien eine negative Assoziation zwischen positivem ASA-Befund im MAR-Test und Progressivmotilität sowie Anzahl der Spermien im Ejakulat (Barbonetti et al. 2019; Verón et al. 2016). Zu den wesentlichen Pathomechanismen einer ASA-bedingten Infertilität wird die Beeinträchtigung der Fähigkeit von Spermien ASA zur Penetration im Zervikalmukus gerechnet (Francavilla und Barbonetti 2017). In diesem Zusammenhang wird IgA-Autoantikörpern eine besondere funktionelle Bedeutung beigemessen (Abshagen et al. 1998; Leushuis et al. 2009; World Health Organization 2010). Bei Patienten mit einem zu 100 % positiven MAR-Test war die Prävalenz eines pathologischen bzw. negativen Postkoitaltests der Partnerin erhöht (Barbonetti et al. 2019). Weiterhin können ASA mit der Kapazitation und der Akrosomreaktion der Spermien sowie mit der Spermienbindung an die Zona pellucida der Eizelle interferieren (Vickram et al. 2019).
Aufgrund der hohen Prävalenz von ASA bei vasektomierten Männern sollte nach einer mikrochirurgischen Reanastomosierung auf Antikörper im Ejakulat getestet werden, wenn eine Schwangerschaft nicht eintritt (s. Kap. „Operative Therapien in der Andrologie“ und „Vasektomie“).

Diagnostik

Im Nativejakulat beobachtete Spermienagglutinationen können ein erster Hinweis auf ASA sein, ebenso eine charakteristische Störung der Spermienmotilität, das sog. Schütteln, im periovulatorischen Zervikalsekret (Gatimel et al. 2018; Shibahara et al. 2020; World Health Organization 2010). ASA können jedoch auch ohne derartige Phänomene vorliegen. Der Nachweis an Spermien gebundener IgG- oder IgA-Autoantikörper erfolgt nach den Empfehlungen der WHO im Rahmen der Ejakulatanalyse im direkten MAR-Test (Mixed Antiglobulin Reaction Test) oder Immunobead-Test (s. Kap. „Untersuchung des Ejakulates“). Die Diagnose einer sog. immunologisch bedingten Infertilität wird gestellt, wenn 50 % oder mehr der motilen Spermien (progressiv und nicht-progessiv motil) adhärente Partikel aufweisen (World Health Organization 2010). Dieser Grenzwert ist Konsensus-basiert. Inwieweit der Lokalisation der Antikörper-Bindung im MAR-Test eine funktionelle Relevanz zukommt ist nicht abschließend geklärt. Bei Patienten mit zu 100 % IgG-positivem MAR-Test fand sich vorherrschend ein gemischtes Muster, d. h. eine Partikelbindung an Kopfsegment und entlang des Flagellums; gleichzeitig konnten IgA-ASA nachgewiesen werden (Barbonetti et al. 2019).
Der indirekte MAR-Test dient zum Nachweis nichtgebundener ASA in Seminalplasma oder Serum, beispielsweise bei nicht ausreichendem Anteil motiler Spermien im Ejakulat oder Azoospermie (WHO 2010). Die Aussagekraft ist jedoch aufgrund einer hohen Inter-Assay-Variabilität begrenzt (Bohring und Krause 2002)
Für den Nachweis nichtgebundener ASA wurden auch Enzymimmunoassays etabliert, in denen biochemisch nicht näher definierte Spermienextrakte als Antigen eingesetzt werden; hinsichtlich der Aussagekraft gelten die gleichen Einschränkungen wie für den indirekten MAR-Test (Bohring und Krause 2003). Auch eine kürzlich beschriebene Biochip-Technik zum Nachweis von ASA im Serum basiert auf Spermienextrakten als Substrat (Xu et al. 2020).
Darüber hinaus wurden ASA auch mittels Flowcytometrie bestimmt, die gleichzeitig sowohl den Grad der IgG- und IgA-Antikörperbindung auf der Spermienoberfläche erfassen als auch vitale und tote Spermien differenzieren kann (Räsänen et al. 1992). Aufgrund des apparativen Aufwands hat sich dieses Verfahren in der Praxis jedoch nicht weiter durchgesetzt.
Mit den genannten Testsystemen lässt sich allerdings nicht die Antigenspezifität der ASA nachweisen, die für ein Verständnis der Pathomechanismen einer ASA-bedingten Infertilität entscheidend ist. Der Einsatz einer zweidimensionalen Gelelektrophorese zur Trennung von Spermien-Membranproteinen mit anschließendem Immunoblotting und massenspektro-photometrischer Identifizierung der adressierten Proteine ist der Forschung vorbehalten (Bohring und Krause 2003).
Nicht jeder Antikörpernachweis darf mit der Diagnose einer immunologischen Infertilität gleichgesetzt werden. Eine sog. immunologisch bedingte Fertilitätsstörung liegt erst dann vor, wenn ASA zu einer signifikanten Störung der Spermienfunktion führen (z. B. der Mukuspenetration, der Bindung an die Zona pellucida der Eizelle, der Akrosomreaktion).
Antikörper gegen Spermien im Serum bei Mann und Frau (im weiblichen Trakt auch als Isoantikörper bezeichnet) haben keine Bedeutung für die Fertilität und auf ihre Bestimmung kann bis auf spezielle Fragestellungen verzichtet werden (s. o.) (Shibahara et al. 2020). Aus reproduktionsmedizinischer Sicht wäre es äußerst sinnvoll, die klinische Signifikanz von ASA durch eine Spermien-Zervikalschleim-Interaktionsdiagnostik weiter abzuklären, was leider in den letzten Jahren kaum mehr durchgeführt wird (s. Kap. „Andrologierelevante Gynäkologie“).

Therapie

Die immunsuppressive Therapie mit Kortikosteroiden bei immunologisch bedingter Infertilität zeigte nur uneinheitlich eine Verbesserung der spontanen Schwangerschaftsrate (Haidl et al. 2019). Für einen Erfolg dieser Therapie scheint eine lange Behandlungsdauer erforderlich zu sein, die mit einem hohen Risiko Kortikosteroid-bedingter Nebenwirkungen assoziiert ist und daher kaum mehr durchgeführt wird.
Zur Überwindung der mit ASA einhergehenden Störungen der Funktion und des Fertilisationsvermögens von Spermien können Methoden der assistierten Reproduktion angewandt werden (s. Kap. „Assistierte Reproduktion“). Bei Paaren mit 100 % IgG-ASA-positiven Spermien im MAR-Test der Männer war in einer retrospektiven Untersuchung die intrauterine Insemination (IUI) mit einer höheren Lebendgeburtsrate als bei einem geringeren ASA-Prozentsatz verbunden (Barbonetti et al. 2020). In einer randomisierten kontrollierten Studie konnte nachgewiesen werden, dass die kurzfristige zusätzliche Gabe von Kortikoiden an Männer mit ASA die Schwangerschaftsrate bei einer in-vitro-Fertilisation (IVF) signifikant verbessern kann (Taiyeb et al. 2017). Durch Anwendung der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) scheint der negative Effekt von ASA auf die Fertilisation und die Schwangerschaftsrate aufgehoben zu werden, so dass es keiner zusätzlichen Kortikoidtherapie beim Mann bedarf (El-Sherbiny et al. 2021).

Zusammenfassung

  • Fertilitätsstörungen infolge der Bildung von Antispermienantikörpern (ASA) werden in der Klinik als immunologisch bedingte Infertilität bezeichnet.
  • Neben Antispermienantikörpern (ASA) können auch andere immunpathologische Prozesse im männlichen Genitaltrakt zu einer Infertilität führen.
  • Bei Patienten, die wegen einer Paarinfertilität untersucht wurden, zeigt sich eine ASA-Prävalenz (≥50 % positiven Spermien im MAR-Test) von 3,4–6,6 %, während bei fertilen Männern die Häufigkeit bei ca. 1 % liegt.
  • Die spontane Konzeptionswahrscheinlichkeit ist vom Anteil der mit ASA behafteten Spermien abhängig.
  • Zu den wesentlichen Pathomechanismen einer ASA-bedingten Infertilität wird die Beeinträchtigung der Fähigkeit von Spermien zur Penetration im Zervikalmukus gerechnet.
  • ASA können mit der Kapazitation und der Akrosomreaktion der Spermien sowie mit der Spermienbindung an die Zona pellucida der Eizelle interferieren.
  • Der Nachweis von an Spermien gebundenen IgG- oder IgA-Autoantikörpern erfolgt nach den Empfehlungen der WHO im Rahmen der Ejakulatanalyse im direkten MAR-Test (Mixed Antiglobulin Reaction Test) oder Immunobead-Test.
  • Zur Überwindung der mit ASA einhergehenden Störungen der Funktion und des Fertilisationsvermögens von Spermien können Methoden der assistierten Reproduktion angewandt werden.
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