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AE-Manual der Endoprothetik
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Publiziert am: 09.07.2022

Knieendoprothetik: Assistierte Knieprothesenimplantation

Verfasst von: Georg Matziolis, Katharina Michalke und Karl-Dieter Heller
Die am weitesten verbreiteten Möglichkeiten der assistierten Knieprothesenimplantation sind die Navigation, die Robotik und patientenspezifische Instrumente (PSI). Assistenzsysteme erlauben die präzisere Umsetzung des Implantationsziels und reduzieren das Risiko von Ausreißern im Alignment. Die Datenlage zum Implantatüberleben und klinischem Ergebnis nach Nutzung der assistierten Knieprothesenimplantation verglichen mit der konventionellen Instrumentation ist uneinheitlich. Im Kapitel werden die spezifischen Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Systeme mit der jeweiligen Datenlage dargestellt.
Mit dem Ziel einer präziseren Implantatpositionierung gegenüber der Operation mit herkömmlichen Instrumentarien, wurden in den letzten Jahren verschiedene Möglichkeiten der assistierten Knieprothesenimplantation etabliert. Die am weitesten verbreiteten Möglichkeiten der assistierten Knieprothesenimplantation sind neben patientenspezifischen Instrumentarien (PSI, Abb. 1) computergestützte Systeme, wie Navigation (Abb. 2) und Robotik (Abb. 3).

Präoperative Planung

Die meisten Navigationsgeräte und Roboter nutzen ein optisches System, bei dem spezielle Marker (Abb. 4) am Patienten, an den Instrumenten und am Roboter von einer Kamera erfasst werden. Hierüber erfolgt die Digitalisierung der notwendigen anatomischen Landmarken des Patienten zur Erstellung des Beinkoordinatensystems, wie auch die Positionierung von Instrumenten und die Steuerung des Roboterarms. Alternativen, insbesondere von kleineren Systemen, arbeiten mit Lagesensoren auf Basis von Akzelerometern und Gyrosensoren (Nam et al. 2014; Gharaibeh et al. 2017).
Konventionelle Instrumentarien orientieren sich an den anatomischen Achsen von Femur und Tibia (intramedulläre Ausrichtung). Demgegenüber erfassen Navigationsgeräte die mechanische Femurachse. Im Rahmen der Digitalisierung wird das Hüftgelenk auf einer Kreisbahn bewegt. Durch dieses indirekte Pivotieren wird das Drehzentrum dieser Bewegung als Hüftzentrum berechnet. Mit einem Pointer werden anschließend die übrigen knöchernen Landmarken des Knies und Sprunggelenkes durch direkte Palpation aufgezeichnet, um die sagittale, frontale und koronare Ebene des Kniegelenkes zu erfassen. In der nachfolgenden Planung werden die Rotationsausrichtung und die knöchernen Resektionen festgelegt.
Die meisten Navigationssysteme und Roboter erlauben neben der Planung der Implantatpositionierung anhand anatomischer Landmarken auch die Erfassung der Weichteilspannung. Es können entweder nur der Beuge- und Streckspalt bestimmt werden (Abb. 5) oder aber die Gelenkstabilität wird über den gesamten Bewegungsumfang ermittelt.
Vor dem Ziel eines mechanischen Alignments, bleiben bei den meisten konventionellen Instrumentarien („measured resection“) Informationen zur Weichteilspannung zunächst unberücksichtigt („femur first“) und machen gegebenenfalls Nachresektionen zum Angleich von Streck- und Beugespalt wie auch Weichteilreleases bei Spaltenasymmetrie notwendig. Weichteilbalancierte Techniken adressieren diese Problematik und ermöglichen eine schrittweise Anpassung.
Die computerassistierte Chirurgie ermöglicht es darüber hinaus, Art und Ausmaß von Weichteilreleases bei Kenntnis der zu erwartenden Spaltenasymmetrie vor den knöchernen Resektionen zu planen (Abb. 6). Durch ein schrittweises Vorgehen mit Kontrolle des Zwischenergebnisses durch Navigationssystem oder Roboter können Überreleases verhindert werden.
Demgegenüber eröffnet sich aber auch die Möglichkeit, Anpassungen der Femurrotation und -größe und der knöchernen Resektionen des distalen Femurs und der proximalen Tibia, zum Management von Beuge- und Streckspalt mit oder ohne additive Weichteilreleases vorzunehmen. Hierbei ist die Kenntnis der Evidenz verschiedener Alignmentstrategien von hoher Relevanz.
Die zur Rotationsausrichtung von Femur- und Tibiaimplantat genutzten anatomischen Landmarken (Epikondylen, Tuberositas tibiae, tibialer Ansatz des hinteren Kreuzbandes und andere), die intraoperativ vom Operateur nur sehr ungenau zu palpieren sind, können hingegen durch eine präoperative 3D-Planung (Computertomografie, CT/Magnetresonanztomografie, MRT) genauer bestimmt werden (Jerosch et al. 2002).
Patientenspezifische Instrumentarien (PSI) werden auf der Basis einer präoperativen CT oder MRT und einer Ganzbeinstandaufnahme geplant. Aus dem Datensatz erfolgt eine 3D-Rekonstruktion des Kniegelenkes, bei der die spätere Implantatpositionierung anhand der individuellen Anatomie des Patienten präoperativ festgelegt wird.
Die gefertigten Sägeschablonen können aufgrund der individuellen Passform nur in genau einer Position korrekt an die Knochen angelegt werden. Tracker sind hierbei ebenso wie Pointer, Kamera und Computer nicht erforderlich.
Robotische Assistenzsysteme verfügen ebenfalls über ein präoperatives 3D-Planungstool (Abb. 7).
In der dreidimensionalen Darstellung können wiederum bereits vor der Operation die Rotation und Größe der Implantate wie auch die frontale und sagittale Ausrichtung anhand der anatomischen Landmarken geplant werden. Sie vereinen somit die Vorteile einer präoperativen 3D-Planung als auch der kameragestützten, optischen Navigation. Eine erhöhte Präzision wird durch den Einsatz des Roboterarms bei den knöchernen Resektionen angestrebt.
Herstellerspezifisch wird die präoperative 3D-Planung, entweder auf der Basis von CT-Daten oder auch aus Röntgen-Ganzbeinstandaufnahmen in 2 Ebenen oder MRT-Daten generiert.
In Abhängigkeit von den Systemanforderungen sind robotische Assistenzsysteme bildbasiert einzusetzen oder auch optional bildlos nutzbar. Bei der bildbasierten Nutzung robotischer Assistenzsysteme werden auf dem Boden der präoperativen 3D-Bildgebung und -Planung diese Daten intraoperativ unter optischer Navigation durch Palpation mehrerer Oberflächenpunkte mit der tatsächlichen Anatomie gematcht (Abb. 8). Hierdurch wiederum können auch die Weichteilspannung und der Bewegungsumfang erfasst werden. Anschließend erfolgt die Planung der endgültigen Implantatpositionierung und der notwendigen knöchernen Resektionen. Weichteilreleases können wie vorbeschrieben optional kombiniert werden. Durch den Roboterarm wird die knöcherne Resektion unter ständiger Kontrolle des optischen Trackingsystems in Echtzeit ausgeführt oder unterstützt.

Einsatzmöglichkeiten und Vorteile

Herstellerspezifisch unterstützen die Systeme den Operateur sowohl bei der Implantation von Teil- und Vollprothesen oder auch bei der Implantation verschiedener Prothesensysteme.
Gegenüber dem aktuellen Goldstandard der konventionellen Instrumentation wird durch den Einsatz assistierter Operationsverfahren die Implantationspräzision gesteigert.
Ein Vorteil der 3D-Planung bildgestützter Systeme ist die Vermeidung von Implantatüber- oder -unterhang, auch unter Berücksichtigung zu entfernender Osteophyten (Abb. 9). Anatomische Normvarianten, die sich nur unzureichend mit einem Standardimplantat versorgen lassen, können hier im Vorfeld identifiziert werden.
Die vorbeschriebenen Assistenzsysteme benötigen keinerlei intramedulläre Ausrichtung von Femur oder Tibia. Sie sind deshalb von Vorteil bei posttraumatischen oder angeborenen Fehlstellungen, die das Einbringen eines Markraumstabes erschweren oder aber bei einliegender Hüftendoprothese mit langem Schaft. Es konnte durch die Vermeidung einer Markraumeröffnung auch ein geringerer – wenngleich klinisch irrelevanter – Blutverlust für PSI, Navigation und Robotik gezeigt werden (Han et al. 2016; Mullaji und Shetty 2009; Gong et al. 2019).
Bezüglich der Operationsdauer unterscheiden sich die verschiedenen Techniken erheblich. Während PSI die Operationszeit verglichen mit konventioneller Instrumentation um einige Minuten reduziert (Gong et al. 2019), verlängern Navigationssysteme und Roboter bisher signifikant die Operationsdauer (Chin et al. 2020; Shi et al. 2014).
Das radiologische Outcome ist bei fast allen Systemen der konventionellen Instrumentation überlegen, wobei die Datenlage heterogen ist. Wie zu erwarten erlauben, bezogen auf die langen Achsen, Roboter und Navigationsgeräte die genaueste Implantation, gefolgt von PSI (Gong et al. 2019; Mannan et al. 2018; Agarwal et al. 2020; Ren et al. 2019). Eine präoperative 3D-Planung der Implantatpositionierung schlägt sich in einer signifikant genaueren Rotationsausrichtung der Implantate verglichen mit bildfreien Systemen oder der konventionellen Instrumentation nieder (Matziolis et al. 2007; Heyse und Tibesku 2014, 2015).
Wichtiger als die absolute Genauigkeit ist jedoch die Minimierung von Ausreißern. Als solche werden Planungsabweichungen von mehr als 3° definiert. Auch hier sind Roboter und Navigationssysteme deutlich der konventionellen Instrumentation überlegen, die Datenlage zu PSI ist heterogen mit einem Trend zu höherer Präzision als konventionelle Instrumente.
Die Vorlaufzeit von der Indikationsstellung bis zur OP ist bei PSI aufgrund der erforderlichen Fertigung der Individualinstrumente mit einigen Wochen am längsten. Zeitverzögerungen müssen auch aufgrund des notwendigen technischen Supports für die Erstellung des 3D-Planungstools bei den bildgestützten robotischen Assistenzsystemen eingeplant werden. Demgegenüber erfordern bildfreie Navigationssysteme keine über das Standardröntgen hinausgehende präoperative Diagnostik und Vorbereitung. Gleiches gilt für die bildfreie Nutzungsmöglichkeit von robotischen Assistenzsystemen.
Der zusätzliche Bedarf an notwendigen Instrumenten differiert bei den verschiedenen Assistenzsystemen erheblich. PSI reduzieren die Anzahl erforderlicher Instrumente auf ein Minimum, da sie per se schon die wesentlichen Instrumente für die Operation sind. Bei den computerassistieren Systemen sind hingegen zusätzliche Instrumente erforderlich (Pointer, Tracker, Abb. 10), wenige konventionelle Instrumente können eingespart werden (tibiale/femorale Achsausrichtung). Ähnlich verhält es sich bei Robotern.
Die Kosten für die verschiedenen Assistenzsysteme unterscheiden sich erheblich. Die gesamten Kosten von PSI werden durch den jeweiligen Fall generiert, es bedarf keiner weiteren Investitions- und Wartungskosten. Im Gegensatz dazu sind Navigationsgeräte und Roboter mit hohen Anschaffungs- und laufenden Kosten (Verbrauchsmaterial, Wartung, gegebenenfalls technischer Support) verbunden. Im DRG-System sind diese zusätzlichen Kosten von Assistenzsystemen nicht abgebildet.

Klinische Ergebnisse

Im klinischen Ergebnis zeigt sich ein geringer aber signifikanter funktioneller Vorteil von mittels Navigation oder Robotern implantierten Endoprothesen (Agarwal et al. 2020; Panjwani et al. 2019). Insbesondere Assistenzsysteme, die das Management von Beuge- und Streckspalt integrieren, schneiden hier besser ab als konventionelle Instrumente (van der List et al. 2016). Nicht die höhere Genauigkeit der Implantatpositionierung, sondern die Gelenkstabilität scheint für das klinische Ergebnis ausschlaggebend zu sein. Dies wird auch durch Daten gestützt, die ein besseres klinisches Ergebnis bei Nutzung instrumentierter Probeinlays zeigen (Golladay et al. 2019). Per Funk lässt sich der Druck des medialen und lateralen Gelenkkompartiments auf einem Tablet visualisieren, dies ermöglicht ein bis zur gewünschten Stabilität dosiertes Weichteilrelease (Cho et al. 2018; Meneghini et al. 2016).
Die Datenlage zum Implantatüberleben nach Nutzung der assistierten Knieprothesenimplantation verglichen mit der konventionellen Instrumentation ist uneinheitlich. Es scheint sich jedoch ein Trend zu einer geringfügig längeren Standzeit bei Verwendung von Navigationssystemen und Robotern abzuzeichnen (de Steiger et al. 2015; Bautista et al. 2019). PSI ist als Technologie noch nicht lange genug verfügbar, um hinreichende Langzeitdaten für eine Beurteilung zu generieren. Die durch Einsatz dieser Technologien erwartete deutliche Verbesserung von Implantatstandzeit und Revisionsrate ist jedoch – möglicherweise auch aufgrund der gleichzeitig erfolgten Verbesserung der Implantate und konventionellen Instrumente – ausgeblieben.
Die zunehmende bewusste Abweichung von einem mechanisch neutralen Alignment (kinematisch, anatomisch oder andere OP-Technik) kann auch in der assistierten Knieendoprothetik beobachtet werden. Anerkannten Alignmentstrategien liegen biomechanische Überlegungen zur Implantat- oder Kniegelenkfunktion zugrunde.

Anforderungen und Prozessvergleich

Auch mithilfe der vorbeschriebenen Assistenzsysteme bedarf eine erfolgreiche Knieendoprothesenimplantation einer korrekten Planung und präzisen Durchführung. Ausreißer müssen vermieden werden. Abweichungen von den vorgenannten Alignmentformen (konstitutionell, anatomisch etc.) dürfen nicht Ausdruck einer unzureichenden Planung oder gar Ausdruck einer unzureichenden Planungsdurchführung sein, sondern allenfalls unter der Prämisse einer stabilen Gelenkführung angewandt werden.
Die in den letzten Jahren in den Versorgungszahlen rückläufige assistierte Knieprothesenimplantation könnte durch diesen neuen Bedarf an hoher Implantationspräzision eine Renaissance erfahren.
Im Folgenden soll ein typischer Workflow der einzelnen Techniken am Beispiel je eines konkreten Systems vorgestellt werden (Abb. 1112 und 13).
Navigation (bildlos, Orthopilot, BBraun)
  • Einbringen je eines Trackers in Femur und Tibia
  • Palpation der knöchernen Landmarken von Femur und Tibia (medialer/lateraler/posteriorer Femurkondylus, anteriorer Femurkortex, mediales/laterales Tibiaplateau, Eminentia intercondylaris, Innen-/Außenknöchel, OSG-Zentrum)
  • Pivotieren des Hüftzentrums durch Drehbewegung des Oberschenkels (Abb. 11)
  • Bemessene Resektion der Tibia senkrecht zur mechanischen Achse
  • Prüfen der Resektionsebene und gegebenenfalls Nachresektion
  • Palpation der distalen und posterioren Kondylenebene
  • Erfassung des Streck- und dann des Beugespaltes
  • Planung von Femurgröße, distaler Femurresektion, posteriorer und anteriorer Femurresektion, Femurrotation und Inlayhöhe unter Anzeige der resultierenden Gelenkstabilität in Beugung und Streckung. Sollten aufgrund dieser Daten Weichteilreleases durchgeführt werden, müssen Streck- und Beugespalt erneut erfasst werden
  • Bei zufriedenstellender Planung erfolgt die distale Femurresektion
  • Auch diese Resektion wird kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert
  • Nun werden ein 4-in-1-Resektionsblock navigiert, in der geplanten Position fixiert und die Resektionen durchgeführt
Robotisches Assistenzsystem (bildgestützt, semiaktiv, Mako, Stryker)
  • Präoperativ CT-Scan
  • Präoperativ 3D-Planung der Implantatposition im CT-Datensatz
  • Einbringen je eines Trackers in Femur und Tibia
  • Pivotieren des Hüftzentrums durch Drehbewegung des Oberschenkels
  • Palpation der Malleolen
  • Palpation der gelenknahen Oberfläche von Femur und Tibia zum Matching des CT-Datensatzes mit dem realen Knochen. Dabei muss der Pointer durch etwaig noch vorhandenen Knorpel gestoßen werden, um die Kortikalis zu erfassen, da in der CT nur die Knochenoberfläche segmentiert wird
  • Zusätzliche Palpation von Knorpel. Die Höhe dieses Knorpels (z. B. Trochlea) kann als Referenz gelten, um in der Planung in seiner Höhe durch das spätere Implantat rekonstruiert zu werden
  • Erfassen des Gelenkspiels über den gesamten Bewegungsumfang
  • Je nach präferierter OP-Technik (bandgeführt nach Tibiaresektion, bandgeführt vor jeglicher Resektion) Einlesen der Bandspannung mit unterschiedlichen Instrumenten zum Aufspannen der Gelenkspalten
  • Adaptation der präoperativen Planung an die intraoperative Situation durch die Möglichkeit, Implantatgrößen und -positionen zu verändern. Durch die 3D-Planung am CT-Datensatz wird währenddessen sowohl die Resektatdicke, als auch ein potenzieller Über- oder Unterhang der Implantate sowie der resultierende Beuge- und Streckspalt angezeigt
  • Bei zufriedenstellender Planung erfolgt die Roboterarm-assistierte Durchführung der Resektionen
Robotisches Assistenzsystem (optional bildgestützt/bildlos, kollaborativ, ROSA, Fa. ZimmerBiomet) bzw. (bildlos, NAVIO, Fa. Smith & Nephew)
  • Präoperativ Ganzbeinstandaufnahme in 2 Ebenen (optional MRT) – nur ROSA
  • Präoperativ 3D-Planung der Implantatposition und -größen aus den Röntgendaten (X-Atlastechnologie) – nur ROSA
  • Anbringen der Femur- und Tibiareferenz
  • Erfassung des Femurkopfzentrums durch Aufnahme von 14 statischen Beinpositionen
  • Mit dem Pointer Erfassen der knöchernen Landmarken des Femurs (Eintrittspunkt zum Femurmarkraum, posteriore Kondylen, anteriore/posteriore Trochlearinne, medialer/lateraler Epikondylus, mediale/lateral distale Kondylen, anteriore Kortikalis)
  • Mit dem Pointer Erfassen der knöchernen Landmarken der Tibia (Malleoli, mediales Drittel der Tuberositas tibia, Eintrittspunkt Tibiamarkraum, Insertionsstelle hinteres Kreuzband, Referenzpunkte mediales/laterales Plateau
  • Ergänzend zum Matching mit der präoperativen 3D-Planung erfolgt die Erfassung der Knorpeldicke. Hierzu darf der intakte Knorpel nicht mit der Pointer-Spitze durchstoßen werden
  • Evaluation des Bewegungsumfanges
  • Laxitätstest in 0° und 90 ° (optional 30°/45°/60°/120°)
  • Im Planungsfenster werden die Achsen des Femurs einschließlich der geplanten Resektionsebenen, die Implantatdicke und der resultierende Beuge-/Streckspalt angezeigt. Bildbasiert darüber hinaus die Implantatpositionierung und die resultierende knöcherne Abdeckung (Überhang/Osteophyten)
  • Adaption der präoperativen Planung an die intraoperative Situation
    • Optional Weichteilrelease unter Evaluation
    • Anpassung der Resektionsebenen und Rotation
  • Bei zufriedenstellender Planung erfolgt die Roboterarm-assistierte Durchführung der Resektionen in der vom Operateur präferierten Reihenfolge (ROSA) bzw. die Fräsung mittels robotisch-gesteuerter Handfräse (NAVIO)
    • Optional Femurrotationstool
PSI (MR-basiert, Visionaire, Smith & Newphew)
  • Präoperative MRT und Ganzbeinaufnahme
  • Die Daten werden an die Firma gesendet und eine 3D-Implantatpositionierung entsprechend den hinterlegten Präferenzen des Operateurs durchgeführt
  • Diese Planung kann durch den Operateur verändert werden, bevor sie durch ihn freigegeben werden muss
  • Im 3D-Druckverfahren werden die individuellen Schnittschablonen für das Femur und die Tibia gefertigt und zugesandt
  • Der femorale und tibiale PSI-Block passt aufgrund des Formschlusses nur in einer Position perfekt auf den jeweiligen Knochen und wird in dieser Position mit Pins fixiert (Abb. 12)
  • Es werden Löcher für den 4-in-1-Schnittblock gebohrt. Damit wird seine spätere a.p.-Position und Rotation durch den PSI-Block definiert
  • Der distale Schnitt des Femurs erfolgt durch einen Sägeschlitz des PSI-Blocks
  • Der PSI-Block wird abgenommen und durch einen konventionellen 4-in-1-Schnittblock ersetzt. Die Resektionen des Femurs (anterior, posterior, Schrägschnitte) werden durchgeführt
  • Die tibiale Schablone wird an den anteriomedialen Tibiakopf angelegt und die Löcher für die Tibiaresektion und die endgültige Tibiapräparation durchgeführt. Auch bei der Tibia erfolgt die Knochenresektion durch einen Sägeschlitz im PSI-Block (Abb. 13)
  • Über Pins wird das konventionelle Instrument für die abschließende Präparation der Tibia auf die Resektionsfläche gelegt und die Tibia abschließend präpariert

Fazit für die Praxis

Assistenzsysteme erlauben die präzisere Umsetzung des Implantationsziels und reduzieren das Risiko von Ausreißern im Alignment. Die spezifischen Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Systeme sind in Tab. 1 zusammengefasst.
Tab. 1
Vergleich der Vor- und Nachteile der unterschiedlichen assistierten Implantationstechniken
 
PSI
Bildfreie Navigation
Robotik
Genauigkeit lange Achsen Femur und Tibia
+
+++
+++
Genauigkeit Rotationsausrichtung
+++
+
+++
Management von Beuge-/Streckspalt
+++
+++
Verhinderung von Implantatüber-/unterhang
+++
+++
Einsparung Siebe/Instrumente
+++
+
++
OP-Dauer
+++
Lernkurve für das gesamte OP-Team
+++
++
+
Vorlauf, Vorbereitungs- und Planungszeit
+++
+
Anschaffungskosten
+++
+
Kosten pro Operation (Verbrauch und Wartung)
++
+
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