Erschienen in:
03.03.2023 | Diabetische Nephropathie | Leitthema
Metabolisches Gedächtnis bei diabetischer Nierenerkrankung
verfasst von:
Dr. troph. Ronald Biemann, Prof. Dr. med. Berend Isermann
Erschienen in:
Die Diabetologie
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Ausgabe 3/2023
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Zusammenfassung
Das Konzept des metabolischen Gedächtnisses beschreibt, dass eine temporär schlechte Blutzuckerspiegelkontrolle die Entwicklung zukünftiger mikro- und makrovaskulärer Komplikationen bei Diabetes mellitus begünstigt. Dieser Effekt bleibt selbst bei im Verlauf deutlich verbesserter Blutzuckerkontrolle bestehen und erklärt, weshalb eine initial unzureichende Einstellung des Blutglukosespiegels zu anhaltenden Organschäden prädisponiert. Neben hochreaktiven Sauerstoffspezies („reactive oxygen species“, ROS) tragen auch „advanced glycation endproducts“ (AGE) zur Entstehung des metabolischen Gedächtnisses bei. Eine weitere Erklärung für die Persistenz hyperglykämieassoziierter Veränderungen sind neben direkten DNA-Schädigungen (DNA: Desoxyribonukleinsäure) auch epigenetische Modifikationen, welche Prozesse der DNA-Methylierung, Histonmodifikationen, nichtkodierende Ribonukleinsäuren (ncRNA) und chromosomale Konformationsänderungen umfassen. Hyperglykämieassoziierte epigenetische Veränderungen, ROS, AGE sowie DNA-Schädigungen beeinträchtigen die Reparaturkapazität und fördern die zelluläre Seneszenz. Ein besseres Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse ermöglicht aufgrund der potenziellen Reversibilität epigenetischer Veränderungen, der Elimination seneszenter Zellen oder dem Einsatz von Senolytika neue therapeutische Optionen. So kann beispielhaft die p21-induzierte Seneszenz durch die zellprotektive Gerinnungsprotease aktiviertes Protein C (aPC) umgekehrt werden oder Sirtuine können epigenetische Azetylierungsmarkierungen modifizieren. Biomarker epigenetischer Prozesse oder der Seneszenz könnten darüber hinaus eine innovative Präzisionsmedizin ermöglichen.