RKI findet Hinweise, dass sich psychische Gesundheit der Bevölkerung verschlechtert hat

Ergebnisse von Telefonbefragungen durch das RKI deuten darauf hin, dass sich wesentliche Merkmale psychischer Gesundheit in der erwachsenen Bevölkerung nach anfänglicher Resilienz zu Pandemiebeginn seit Ende 2020 verschlechtern. Das Robert Koch-Institut (RKI) untersucht im Verlauf der COVID-19-Pandemie die Entwicklung verschiedener Merkmale psychischer Gesundheit bei Erwachsenen in Deutschland. Nun hat das Institut dazu neue Ergebnisse veröffentlicht [1]. Die COVID-19-Pandemie birgt als vielseitiger Belastungsfaktor Risiken für die psychische Gesundheit der Bevölkerung. Wie sich diese entwickelt hat, bleibt jedoch trotz einer großen Anzahl an Studien bisher uneindeutig, teilt das RKI mit. Ergebnisse seien heterogen und betrachteten meist nur die ersten Monate der Pandemie. Ziel der vorliegenden Studie sei es, die Entwicklung psychischer Gesundheit in der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland repräsentativ und über den gesamten Pandemiezeitraum abzubilden sowie mit der Zeit vor der Pandemie zu vergleichen. Drei Indikatoren für psychische Gesundheit untersucht In der RKI-Studie wurden drei Indikatoren für psychische Gesundheit in zwei Zeiträumen untersucht: depressive Symptome von April 2019 bis Juni 2022 und Angstsymptome sowie subjektive psychische Gesundheit von März 2021 bis Juni 2022. Die Daten stammen aus Telefoninterviews mit monatlich etwa 1000 Erwachsenen (2019-2021) und aktuell mit monatlich etwa 3000 Erwachsenen (2022). Die Interviews wurden im Rahmen der GEDA-Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ und der COVIMO-Studie durchgeführt. Die repräsentativen Daten erlauben laut RKI zeitliche Vergleiche, da sie mit derselben Methodik durchgeführt wurden. Die Ergebnisse der aktuellen Datenanalyse: Depressive Symptome (Interessenverlust und Niedergeschlagenheit) gingen in der Zeit der ersten COVID-19-Welle und im Sommer 2020 gegenüber demselben Zeitraum im Jahre 2019 zunächst zurück. Dagegen nahmen sie später deutlich zu, von Herbst 2020 bis Frühjahr 2021 und erneut Ende 2021 bis Frühjahr 2022. Eine auffällige Symptombelastung über dem Schwellenwert lag in den ersten Pandemiemonaten zwischen März und September 2020 bei etwa 9 Prozent der Bevölkerung vor, im selben Zeitraum 2019 waren es 11 Prozent. Der Anteil stieg dann auf 13 Prozent in 2021 und auf 17 Prozent im Zeitraum März bis Juni 2022. Die Entwicklung betrifft alle Geschlechter, Bildungs- und Altersgruppen, ganz besonders Frauen, jüngere Erwachsene und über 65-Jährige, so das RKI. Angstsymptome (Ängstlichkeit und unkontrollierbare Sorgen): Im Zeitraum März-September 2021 gaben 7 Prozent der Bevölkerung eine auffällige Belastung durch Angstsymptome an, im Zeitraum März-Juni 2022 waren es 11 Prozent. Subjektive psychische Gesundheit: Im Zeitraum März-September 2021 betrug der Anteil mit selbsteingeschätzter „sehr guter“ oder „ausgezeichneter“ psychischer Gesundheit noch 44 Prozent. Im Zeitraum März-Juni 2022 war dieser Anteil auf 40 Prozent gesunken. Wachsamkeit bei Gesundheitsversorgung gefordert Die Befunde deuten darauf hin, dass sich wesentliche Merkmale psychischer Gesundheit in der erwachsenen Bevölkerung nach anfänglicher Resilienz zu Pandemiebeginn seit Ende 2020 verschlechtern, schlussfolgert das RKI. Das vermehrte Auftreten von depressiven und Angstsymptomen sowie die verschlechterte subjektive psychische Gesundheit zum Ende des Beobachtungszeitraums im Juni 2022 erfordern aktuell Wachsamkeit bei Akteurinnen und Akteuren aus Politik, Gesundheitsversorgung und -förderung sowie Prävention. Das RKI weist darauf hin, dass im Beobachtungszeitraum (April 2019 bis Juni 2022) mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ein weiterer akuter Stressor auf Bevölkerungsebene hinzugekommen sei. Außerdem trügen möglicherweise komplexe Effekte weiterer kollektiver Krisen wie der Klimakrise sowie saisonale Schwankungen und langjährige Trends zu den Entwicklungen bei. Ob ein zeitlicher Zusammenhang zwischen diesen Stressoren und der Entwicklung der psychischen Gesundheit auch ursächlich zu verstehen sei, könne anhand der Studie nicht bewertet werden. Und noch etwas gibt das RKI zu bedenken: „Die in der Studie eingesetzten Screening-Instrumente können nur auf eine erhöhte Symptombelastung hinweisen. Es ist nicht möglich, damit die Häufigkeit psychischer Störungen zu bestimmen, da die Messinstrumente keine Diagnosestellung erlauben. Auch Aussagen über Ursachen der gesundheitlichen Entwicklungen könnten nicht getroffen werden. Auch wenn im Vergleich zu anderen Studien bereits ein langer Zeitraum betrachtet wird, erfordern eine umfassende Einordnung und Abgrenzung der Befunde von langjährigen Entwicklungen einen weitaus längeren Beobachtungszeitraum.“ Quelle: Ärzte Zeitung

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