Tezepelumab – neues Biologikum bei schwerem, unkontrolliertem Asthma bronchiale

Tezepelumab von AstraZeneca ist ein Anti-TSLP (Thymic Stromal Lymphopoietin)-Antikörper, der bei schwerem, unkontrolliertem Asthma bronchiale unabhängig von Biomarker-Schwellenwerten eingesetzt werden kann. Das First-in-Class-Biologikum ist insbesondere bei gemischtem Asthma-Phänotyp und Subgruppen ohne auffällige Biomarker eine Bereicherung. >>Mehr zum Galenus-von-Pergamon-Preis Der Antikörper Tezepelumab blockiert die Interaktion des epithelialen Zytokins TSLP mit seinem Rezeptor: Atemwegsentzündung sowie Hyperreagibilität der Atemwege bei schwerem Asthma bronchiale werden reduziert. AstraZeneca × Drei bis zehn Prozent der Patientinnen und Patienten haben ein schweres therapierefraktäres Asthma bronchiale, das mit den üblichen Standardmedikamenten nicht ausreichend kontrolliert werden kann. Viele Betroffene werden entgegen den nationalen Leitlinien (NVL Asthma 2020) langfristig mit systemischen Kortikosteroiden behandelt. Neue Chancen für diese schwierig zu behandelnde Gruppe bietet der Anti-TSLP-Antikörper Tezepelumab (Tezspire®), der seit November 2022 in Deutschland verfügbar ist. Er ist seit September 2022 zur Add-on-Erhaltungstherapie bei Jugendlichen ab zwölf Jahren und Erwachsenen mit schwerem Asthma zugelassen, das trotz hochdosierter inhalativer Kortikosteroide plus einem weiteren Arzneimittel zur Erhaltungstherapie unzureichend kontrolliert ist. Das Präparat wird einmal pro Monat in der Dosierung von 210 mg subkutan appliziert. Der Antikörper blockiert die Interaktion des epithelialen Zytokins TSLP mit seinem Rezeptor und setzt damit an der Spitze der Entzündungskaskaden bei schwerem Asthma bronchiale an. Gerade für Patientinnen und Patienten mit mehreren aktiven Signalwegen bietet Tezepelumab eine Chance auf Therapierfolg. Phänotypunabhängige Wirkung Die schnelle und anhaltende Wirksamkeit der Therapie zeigte sich im klinischen Studienprogramm PATHFINDER, bestehend aus zwei Phase-III-Studien, NAVIGATOR und SOURCE, sowie der Phase-IIb-Studie PATHWAY [1–3]. Alle Patientengruppen profitierten – weitgehend unabhängig vom Phänotyp und von Biomarkern wie Bluteosinophilen, FeNO (fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid) oder Immunglobulin E (IgE). In einer gepoolten Post-hoc-Analyse wurden Daten der Studien NAVIGATOR und PATHWAY von insgesamt 1.334 Patientinnen und Patienten mit schwerem, unkontrolliertem Asthma bronchiale im Alter von 12–80 Jahren ausgewertet [4]. In der gesamten Patientenpopulation war die jährliche Exazerbationsrate (AAER) unter Tezepelumab um 60 Prozent (Rate Ratio [RR] 0,40; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,34–0,48) und die Rate schwerer Exazerbationen um 79 Prozent (RR 0,21; 95%-KI 0,13–0,35) im Vergleich zu Placebo reduziert. Bei Betroffenen mit allergisch-eosinophilem Mischtyp (≥ 300 Zellen/μl und IgE-positiv) konnte die Exazerbationsrate unter Tezepelumab um 71 Prozent (RR 0,29; 95%-KI 0,21–0,41) und bei Betroffenen mit geringen Eosinophilenwerten (< 300 Zellen/μl und < 150 Zellen/μl) jeweils um 48 Prozent verringert werden. Bei IgE-positiven Patientinnen und Patienten mit perennialen (ganzjährigen) Allergien war das Biologikum fast genauso effektiv wie bei IgE-negativen. Unter Tezepelumab besserten sich auch Lungenfunktion und Lebensqualität der Behandelten, die Symptomatik verringerte sich. Dies zeigen besonders die Daten der placebokontrollierten Studie NAVIGATOR über 52 Wochen bei insgesamt 1.059 Patientinnen und Patienten mit schwerem, unkontrolliertem Asthma bronchiale, die bisher mit inhalativen Glukokortikoiden in mittlerer bis hoher Dosierung und mindestens einer weiteren Substanz behandelt wurden. Der Einsekundenwert (FEV1) besserte sich in der Verumgruppe zum Ende der randomisierten Phase um 230 ml im Vergleich zu 90 ml in der Placebogruppe. Der durchschnittliche Asthma-Symptom-Score, beurteilt mit dem Asthma Symptom Diary (ASD)-Questionnaire, verbesserte sich unter Tezepelumab um 0,71 Punkte im Vergleich zu 0,59 Punkten unter Placebo. Die Unterschiede bei FEV1 und ASD waren am deutlichsten bei Patientinnen und Patienten mit einer Bluteosinophilenzahl ≥ 300/μl bei Studienbeginn. Die Lebensqualität, beurteilt mit dem Asthma Quality of Life Questionnaire, verbesserte sich um 1,49 Punkte versus 1,15 unter Placebo. Gute Verträglichkeit Tezepelumab war gut verträglich. In der gepoolten Analyse gab es bei der Rate unerwünschter Wirkungen keine klinisch bedeutsamen Unterschiede zu Placebo. Langzeitsicherheit und -wirksamkeit wurden in der placebokontrollierten Phase-III-Extensionsstudie DESTINATION bei Teilnehmenden der NAVIGATOR- (n = 1.059) und SOURCE-Studien (n = 150) über 104 Wochen belegt [5]. Die Behandlung mit Tezepelumab wurde über die gesamte Studiendauer hinweg gut vertragen und führte zu einer anhaltenden, klinisch bedeutsamen Verringerung der AAER um 58 Prozent (NAVIGATOR; RR 0,42; 95%-KI 0,35–0,51) bzw. 39 Prozent (SOURCE; RR 0,61; 95%-KI 0,38–0,96). Bei den Personen, die in der NAVIGATOR-Studie initial Tezepelumab bzw. Placebo erhalten hatten, lagen die Inzidenzraten für unerwünschte Ereignisse (UE) pro 100 Patientenjahre über 104 Wochen bei 49,62 bzw. 62,66. Die Rate für schwere UE betrug 7,85 bzw. 12,45. Bei den Studienteilnehmenden von SOURCE, die initial Tezepelumab bzw. Placebo erhalten hatten, betrugen die Inzidenzraten 47,15 bzw. 69,97 für UE und 13,14 bzw. 17,99 für schwere UE. Tezepelumab blockiert das Zytokin TSLP Tezepelumab ist ein Antkörper gegen das Zytokin TSLP (Thymic Stromal Lymphopoietin), das bei der asthmatischen Entzündungsreaktion eine entscheidende Rolle spielt. Das Zytokin wird bei Kontakt mit Allergenen, Erregern oder Umweltschadstoffen aus dem Atemwegsepithel sezerniert und kann immunmodulatorische Prozesse wie die Differenzierung der Typ-2-T-Helferzellen und die Produktion proinflammatorischer Zytokine aktivieren. Zudem fördert das Zytokin Remodelling-Prozesse der Atemwege. Tezepelumab blockiert die Wirkung von TSLP und kann so auch zahlreiche nachgeschaltete Asthma-assoziierte Mediatoren und Signalwege inhibieren. Dadurch können zwei Hauptmerkmale des schweren, unkontrollierten Asthma bronchiale reduziert werden: die Hyperreagibilität der Atemwege sowie die Atemwegsentzündung. Außerdem können Exazerbationen bei einer breiten Population von Patientinnen und Patienten mit schwerem Asthma verringert werden. Tezepelumab kann deshalb Phänotyp-übergreifend eingesetzt werden. Hohe Forschungsquote, vielversprechende Pipeline Branche: AstraZeneca entstand 1999 aus dem Zusammenschluss der Arzneimittelhersteller Astra (Schweden) und Zeneca (Großbritannien). Der Konzern konzentriert sich auf die Entwicklung und Vermarktung verschreibungspflichtiger Medikamente in den Anwendungsgebieten Onkologie, Herz-Kreislauf-, Nieren-, Stoffwechsel- und Atemwegserkrankungen. Zudem werden Impfstoffe und Immuntherapeutika sowie – von der Konzerntochter Alexion – Orphan Drugs angeboten. Fast die Hälfte (45 Prozent) des Umsatzes entfällt auf biotechnologische Präparate. Konzernsitz ist die Universitätsstadt Cambridge, UK. Weltweit sind 83.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für AstraZeneca tätig, davon etwa 1.000 bei der deutschen Landesgesellschaft in Hamburg. Umsatz und Gewinn: 2022 wurden 44,4 Milliarden Dollar erwirtschaftet und nach Steuern 3,3 Milliarden Dollar verdient. Die im selben Zeitraum in Deutschland erzielten Einnahmen aus Produktverkäufen an Dritte beliefen sich auf 1,3 Milliarden Euro. F&E-Ausgaben: Für Eigenentwicklungen wurden 2022 etwa 9,8 Milliarden Dollar ausgegeben. Pipeline: Aktuell sind 178 Projekte in Arbeit, darunter 14 neue Wirkstoffe in fortgeschrittenen Stadien. Die meisten Phase-III-Projekte befinden sich im Bereich Onkologie. So etwa Camizestrant, ein selektiver Östrogenrezeptor-Degrader, gegen Brustkrebs oder der Kinasehemmer Capivasertib gegen mehrere Arten von Brust- und Prostatakrebs. Außerdem laufen etliche Phase-III-Versuche mit dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Datopotamab Deruxtecan. Im Ressort Atemwegserkrankungen wird unter anderem der IL-33-Antikörper Tozorakimab gegen Asthma (Phase II) und COPD (Phase III) geprüft. Quelle: ÄrzteZeitung

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